In diesen Tagen wurde der Golf 7 vorgestellt. Halb Deutschland diskutiert über Ausstattung und Fahreigenschaften. Unter welchen Bedingungen die neueste Auflage des Bestsellers hergestellt wird interessiert jedoch nur die Wenigsten.
Eine von Misereor, Brot für die Welt und Global Policy Forum Europe (GPF)gemeinschaftlich verfasste Studie versucht aufzuklären. Das Papier mit dem Titel „Vom Erz zum Auto“ beschreibt von der Autoindustrie zu verantwortende Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen. Neben Zulieferern hätten auch deutsche Konzerne eine Mitschuld zu tragen. 1)
In einem Auto steckt in erster Linie Metall, beim Golf sind das zwischen 70 und 75%. Vor allem Eisen und Stahl sind von zentraler Bedeutung für die Automobilindustrie. Rund drei Viertel der gesamten Eisenerzförderung entfallen auf vier Länder, Australien, Brasilien, China und Indien. Die deutsche Industrie importiert vorwiegend aus Brasilien. So besitzt beispielsweise die ThyssenKrupp AG die Anteilsmehrheit am im Bundesstaat Rio de Janeiro liegenden Stahlwerk Companhia Siderúrgica do Atlântico. Im Zusammenhang mit dem Betrieb des Werkes werden dem deutschen Unternehmen Umweltverschmutzungen und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Fischer beklagen einen Rückgang des Fischfangs und die Zerstörung von Mangrovenwäldern und Anwohner leiden unter Atemswegsbeschwerden durch schwermetallhaltigen Staub. Der ThyssenKrupp weist alle Anschuldigungen von sich. Beispiele wie dieses gibt es viele in der Studie.
Vertreter der großen Automobilkonzerne verweisen bei der Frage nach Verantwortung regelmäßig auf ihre Zulieferer. Man selbst habe nur Einflussmöglichkeiten auf die unmittelbaren Zulieferer. Es liege in deren Verantwortungsbereich Umwelt- und Sozialstandards bei Vorlieferanten zu gewährleisten.
Tatsächlich sind die Automobilhersteller aber auch direkt auf den Metallmärkten aktiv, bestätigt Thomas Bartels von Volkswagen. Um den Bedarf zu sichern unterhalte man eine eigene Abteilung zur Beschaffung von Rohstoffen. Bei der Einfuhr von Rohstoffen nach Deutschland werden üblicherweise auch Herkunftsnachweise geführt. Somit wäre es den Konzernen ohne großen zusätzlichen Kostenaufwand möglich detaillierte Aufstellungen über die Herkunft der verwendeten Rohstoffe zu führen. Um die selbstauferlegten Verhaltenskodizes glaubhafter erscheinen zu lassen, sollte dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen. 2)So ist beispielsweise laut Code of Conduct des VW Konzerns Kinderarbeit grundsätzlich untersagt. Man beachte das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung nach Maßgabe der staatlichen Pflichten. 3)
Unklar bleibt jedoch inwiefern sich diese Vorgabe auch bei allen Zulieferern kontrollieren lässt. Nach wie vor werden in den Minen auch Kinder eingesetzt, sagt Rechtsanwalt Jean Claude Katende. Die gesundheitlichen Folgen sind oft dramatisch. Die minderjährigen Arbeiter sind Schadstoffen ausgesetzt, erleiden Hirn- und Nervenschäden und müssen teilweise ihr Leben lang mit Krankheiten und Behinderungen leben. 4) Angesichts solcher Vorwürfe bleiben Zweifel, wie vehement sich die Konzerne für die Umsetzung ihrer Verhaltensauflagen einsetzen.
Immer mehr Firmen erkennen jedoch, dass sich die soziale Verantwortung nicht auf das eigene Unternehmen und sein direktes Umfeld beschränken darf. So fordert beispielsweise BMW von seinen direkten Zulieferern auch eine Verpflichtung für deren Lieferanten. Auch solche Bemühungen reichten aber noch nicht aus, um wirkliche Transparenz über den Ursprung der Rohstoffe sicherzustellen, es gäbe noch viel Raum für Verbesserungen, so das Fazit der Studie. Dabei sei Transparenz durchaus möglich, „man muss sie nur wollen“, sagt GPF-Geschäftsführer Jens Martens. Doch nicht nur bei den Unternehmen hakt es noch. Auch die Politik sträubt sich die verpflichtende Offenlegung von Zahlungsströmen einzuführen. Bei der Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie „steht die deutsche Regierung auf der Bremse“, kritisiert Martens. 5)Ohne gesetzliche Vorgaben aber, dürfte wirkliche Transparenz ein Wunschdenken bleiben.
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