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Kinder als „Kanonenfutter“: Mexikanische Drogenkartelle machen auch vor Minderjährigen nicht halt

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Schon seit Jahren wird in Mexiko gemordet und gefoltert, mehrere zehntausend Opfer hat der Drogenkrieg zwischen rivalisierenden Kartellen und den Polizei- und Militäreinheiten bereits gefordert. Wer allerdings denkt, dass damit die Möglichkeiten der Perfidie ausgereizt sind, täuscht sich.

Dass die Drogenbanden auch Kinder einsetzen, war bereits bekannt. Geschätzte 30.000 minderjährige Mexikaner arbeiten für die Gangs. Und selbst die Staatsgrenze zu den Vereinigten Staaten stellt kein Hindernis dar, wurde doch in der Vergangenheit darüber berichtet, dass Latinos aus Texas oder Kalifornien von der Drogenmafia angeworben wurden. Viele waren bereits zuvor in Straßengangs aktiv. Die jüngsten sind gerade mal 11 Jahre alt. Die Drogenbanden nennen sie oft einfach nur „die Entbehrlichen“. 1)

Manchmal führen sie nur einfache Tätigkeiten aus, beispielsweise fahren sie ein Auto für 50 US-Dollar an einen anderen Ort. Ist man jedoch erst einmal in die Fänge der Banden geraten, wird man schnell ein Drogenkurier, 400 US-Dollar kann man mit einem Schmuggel-Trip über die Grenze verdienen – für die Kartelle ein lohnendes Geschäft, erregen Kinder doch viel weniger Aufmerksamkeit als Erwachsene. Ebenso sind viele von ihnen noch strafunmündig. Da verwundert es nicht, dass diese vermehrt eingesetzt werden. Mittlerweile geht man davon aus, dass Minderjährige auch in Aktivitäten wie Kidnapping, Erpressung, Korruption oder gar Menschenhandel involviert sind. 2)

Besonders schockierend ist der Fall des Edgar Jiménez Lugo, genannt „El Poncho“. Ende 2010 war er verhaftet und zu drei Jahren Jugendhaft verurteilt worden – er hatte zugegeben, auf Anweisung eines Drogenbosses vier Menschen enthauptet zu haben. „Ich habe mich schrecklich gefühlt, als ich es getan habe“, erzählt Lugo, „aber sie haben mich gezwungen. Sie sagten, sie würden mich töten, wenn ich es nicht täte.“ 3)

Wie nun die Nichtregierungsorganisation International Crisis Group (ICG) bestätigt, hätten die Drogenkartelle in Mexiko in den letzten Jahren „tausende Gangmitglieder, Schulabbrecher und ungelernte Arbeiter“ rekutiert, viele von ihnen seien noch Jugendliche.

Der Nachschub ist groß. Aufgrund ihres Alters sind viele von ihnen leicht manipulierbar, oftmals werden sie gar unter Drogen gesetzt. Viele von ihnen haben keine Familie mehr. 4) Auch der Staat kann nicht helfen. „Die Schulen sind geschlossen, es gibt keine Arbeit und keine Möglichkeiten“, meint ein Sozialarbeiter aus Monterrey. „Die Kriminellen hingegen sagen: ‚Komm her. Hier ist ein Job für dich.’ “ 5)

Für viele von ihnen, den „Falken“, besteht dieser Job daraus, ein dichtes Straßennetzwerk zu bilden. Sie erstatten ihren Vorgesetzten dann Bericht über jegliche Polizeiaktivitäten. Andere haben dieses Stadium wiederum längst hinter sich gelassen. Sie erhalten Waffen – Uzis, AR-15-Gewehre und 9mm-Pistolen – und unterstehen meist einem erfahrenen Kartellsoldaten, der sie dann im Waffengebrauch unterweist. Sie werden zum Sicario – zum Profikiller – und können so im Bestfall bis zu 5.000 – 6.000 Pesos (umgerechnet etwa 400 US-Dollar) pro Nacht verdienen. Manchmal ist ein Mord aber auch nur 1.000 Pesos wert. 6)

Mittlerweile haben die Drogenbanden jedoch eine weitere, infame Möglichkeit gefunden, die Minderjährigen einzusetzen: Sie werden einfach als Kanonenfutter missbraucht und müssen Armeeeinheiten ohne jegliche Erfolgschancen angreifen. „Wenn du disziplinierte Soldaten hast, wirst du denn Kampf dann gewinnen“, berichtet ein Oberstleutnant der Armee. „Aber vielleicht werden die Truppen aufgehalten, während die bösen Jungs woanders Drogen verschieben oder einen Mordauftrag vollstrecken. Und sie [die Kartelle] versuchen so auch der Bevölkerung zu zeigen, dass sie Macht haben.“ 7)

Das Problem für die Kinder: „Die meisten von ihnen wissen nicht einmal, wie man schießt.“. Die Soldaten, gegen die sie kämpfen, jedoch schon. Manchmal werden bei solchen Attacken dann zehn oder mehr Angreifer erschossen.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Mexican drug cartels recruiting Texas children as young as 11 – National Post – aufgerufen am 19.04.2013
  2. Mexican Drug Cartels Recruit Young Latinos In Southern California – Huffington Post – aufgerufen am 19.04.2013
  3. Mexico’s „boy hit man“ gets 3-year sentence – FoxNews Latino – aufgerufen am 19.04.2013
  4. Why Children Are Low-Risk Labor for Latin America’s Drug Gangs – InSight Crime – aufgerufen am 19.04.2013
  5. How Mexico’s Drug Cartels Recruit Child Soldiers as Young as 11 – Wired.com – aufgerufen am 19.04.2013
  6. Peña Nieto’s Challenge: Criminal Cartels and Rule of Law in Mexico – International Crisis Group – PDF – Seiten 18f. – aufgerufen am 11.05.2018
  7. Peña Nieto’s Challenge: Criminal Cartels and Rule of Law in Mexico – International Crisis Group – PDF – Seite 19 – aufgerufen am 11.05.2018



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