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US-amerikanischer Basketball-Coach bedient sich missbräuchlicher Trainingspraktiken

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

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Das 30-minütige Video, auf dem Coach Mike Rice – Trainer der US-amerikanischen Basketballmannschaft der Rutgers-Universität – zu sehen ist, hinterlässt bei den Zuschauern Fassungslosigkeit. Es zeigt, wie der 44-Jährige die männlichen Mitglieder seiner Mannschaft bei Trainingseinheiten aus den Jahren 2011/2012 verbal sowie körperlich angreift. Scharfe Würfe mit Bällen aus unmittelbarer Distanz, Schubsereien sowie homophobe Parolen gehörten zum Trainingsrepertoire von Coach Rice – bis gestern.

Denn nach Publikwerden des Videos reagierte der Vorstand der besagten Universität. Mike Rice wurde fristlos gefeuert. Auch sein Assistent Jimmy Martelli trat zurück. Doch getroffen wurden diese notwendigen Entscheidungen erst, nachdem das Video Anfang April 2013 in der Sendung „Outside The Lines“ des US-amerikanischen Sportsenders ESPN ausgestrahlt wurde. Bereits vier Monate zuvor wurde Coach Rice über besagte Aufnahmen in Kenntnis gesetzt und vorerst für drei Spiele seiner Mannschaft suspendiert. Dabei wurde ihm eine Geldstrafe von 50 000 $ auferlegt. 1) 2)

Dass die Attacken des Trainers nicht folgenlos blieben, belegen Aussagen des Ex-NBA-Spielers Eric Murdock. Dieser berichtet in einem Interview mit ESPN, dass mindestens drei namhafte Basketballspieler aufgrund der fragwürdigen Trainingsmethoden das Rutgers-Team verlassen hätten. Murdock selbst arbeitete einst als Co-Trainer mit Mike Rice zusammen und kann daher das unentschuldbare Verhalten Rices bestätigen – er war es auch, der das Video drehte und an die Öffentlichkeit brachte. Anfang Juli 2012 wurde Murdock von der Rutgers-Universität nach zwei Jahren Anstellung entlassen. Nach Aussagen seines Anwalts geschah dies, nachdem sich der Ex-NBA Spieler intern über den „Coaching-Stil“ des 44-Jährigen beschwert hatte. Da der Sportdirektor der Rutgers-Universität, Tim Pernetti, nach Aussagen Murdocks nichts unternahm, wandte er sich an die Presse – mit Erfolg. 3)

Unterdessen hat die Universität mit der Aufrechterhaltung ihrer hohen Reputation zu kämpfen. Zu schwerwiegend sind die erhobenen Vorwürfe, zumal sowohl Tim Pernetti als auch Rutgers-Präsident Robert Barchi unter Verdacht stehen, den Fall Rice – als er ihnen intern bekannt wurde – vertuscht haben zu wollen. 4) Solch ein Verhalten zeugt von dem immensen Druck, unter dem die universitären Einrichtungen in den USA stehen. Ein guter Ruf bringt gutes Geld. Für ersteres sind vor allem siegessichere Mannschaften nötig – ohne leistungsstarke Spieler stehen die Chancen hierfür schlecht. Dass die Jugendlichen oftmals im Training und vor Turnieren „gedrillt“ werden, wird daher in Kauf genommen. Schließlich zählt das, was nach außen – also zum Zwecke des Kommerz – dargestellt wird. Und das sind meist die Leistungen eines Teams.  Aus Sicht der Studenten, die in der Regel mit einem Alter zwischen 17 und 18 Jahren eine solche Universität besuchen, kommt die Aufnahme in eine Sportmannschaft einem Karrieresprungbrett gleich. Oftmals sind es auch sogenannte Sportstipendien, die für finanziell schlechter gestellte Jugendliche die einzige Möglichkeit auf einen höheren Bildungsabschluss darstellen. Aus diesen Gründen hat die Basketballmannschaft vermutlich den Machtmissbrauch von Mike Rice erduldet.

Dennoch wird in Amerika anlässlich des aktuellen Vorfalls eine Diskussion über die Befugnisse und Grenzen der zuständigen Autoritäten geführt. Gängige öffentliche Meinung ist, dass ein solches Verhalten – wie das des Trainers Rice – nicht zu tolerieren sei. 5) 6) Trotz aller Empörung erfährt der resignierte Rice in diesen Tagen auch Rückendeckung. Zwei Mitglieder der Basketballmannschaft verteidigen ihn. Ihren Aussagen zufolge seien die Aufnahmen völlig aus dem Kontext gerissen, sodass ein falsches Bild von Coach Mike Rice entstünde. Angeblich würde das Video auch verheimlichen, wie einige der Spieler mit Rice während dem Training herumalbern. Wie ein „großer Bruder“ soll er demnach für die Mannschaft gewesen sein. 7)

Diese Beteuerungen einer tiefen Freundschaft zu Rice bekommen jedoch einen faden Beigeschmack, bedenkt man, dass die Rutgers-Studenten nach Publikwerden des Videos zum Schweigen von „ganz oben“ angehalten wurden. Während die einen also nicht die Erlaubnis zum Reden erhielten, ist es durchaus vorstellbar, dass die anderen dazu angestiftet wurden – vermutlich auch von „ganz oben“. 8)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Rutgers assistant Martelli resigns amid scandal – USA Today – aufgerufen am 05.04.2013
  2. Rutgers Leaders Are Faulted on Abusive Coach – New York Times – aufgerufen am 05.04.2013
  3. Video shows Mike Rice’s ire – ESPN – aufgerufen am 05.04.2013
  4. Brennan: Administrators fail Rutgers University – USA Today – aufgerufen am 05.04.2013
  5. Rutgers Administrators Face Fire in Aftermath of Coach Exit – Bloomberg – aufgerufen am 05.04.2013
  6. Brennan: Administrators fail Rutgers University – USA Today – aufgerufen am 05.04.2013
  7. Two Rutgers players defend fired Coach Mike Rice – USA Today – aufgerufen am 05.04.2013
  8. Rutgers Athletes Stay Silent on Mike Rice – The Daily Beast – aufgerufen am 05.04.2013



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