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Afghanistan: Starke Einschränkung von Frauenrechten

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

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Sahars Schicksal erregt weltweit große Aufmerksamkeit. Noch im Kindesalter wurde das afghanische Mädchen zwangsverheiratet und von der Familie ihres Mannes brutal misshandelt und gefoltert. Ihre Schwiegereltern ketteten die 12-Jährige in der Kellertoilette fest und zwangen sie mit Gewalt zur Prostitution. Wenn sich Sahar weigerte, musste sie hungern. Doch das afghanische Mädchen konnte befreit werden und zog vor Gericht. Letztendlich wurden die Täter zu einer Haftstrafe von 10 Jahren verurteilt. 1)

Doch künftig könnte es afghanischen Mädchen und Frauen, die ähnlich wie Sahar Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, weiter erschwert werden, sich vor Gericht zur Wehr zu setzen. Denn ein neuer Gesetzesentwurf sieht vor, den Schutz von Frauen und Mädchen vor sogenannten „Ehrenmorden“, Zwangsheirat sowie häuslicher Gewalt stark einzuschränken. 2)

Das Gesetz bedeutet signifikante Veränderungen in strafrechtlichen Verfolgungen von Gewaltverbrechen. Frauen hätten praktisch kaum noch eine Chance sich vor Gericht zur Wehr zu setzen. Denn wenn das Gesetz rechtkräftig würde, dürften in Ermittlungen keine Verwandten von Angeklagten mehr vernommen werden. Dabei äußert sich die Gewalt gegen Frauen in Afghanistan meist innerhalb von Familien. Das Gesetz würde also faktisch die oft wichtigsten Zeugen von den Ermittlungen ausschließen. Weil belastende Aussagen von Familienangehörigen in einem solchen Fall nicht gewertet werden könnten, stünde dann meist Aussage gegen Aussage – die Chance einer Verurteilung des Täters wäre juristisch kaum noch möglich. 2)

Beide Kammern haben dem Gesetzesentwurf bereits zugestimmt. Lediglich Präsident Hamid Karsai muss noch unterzeichnen – dann wäre das Gesetz rechtskräftig. Internationale Organisationen fordern den Präsidenten mit Nachdruck dazu auf, die Unterschrift zu verweigern. Zwar zeigten weltweite Proteste ihre Wirkung, als Karsai vor 5 Jahren einen Gesetzesentwurf zur faktischen Legalisierung von Vergewaltigungen in der Ehe zustimmen sollte, doch angesichts der engeren Beziehungen Karsais zu radikalen Gruppierungen zeigen sich viele Aktivisten weit weniger optimistisch. 3) Allein im letzten Jahr blockierte das Parlament ein Gesetz zur Gewaltminderung gegen Frauen und stellte sich gegen eine Frauenquote in Provinzräten. 4)

„[Das Gesetz] würde die Verfolgung von Missbrauchstätern extrem erschweren“, verdeutlicht Brad Adams, der Asiendirektor von Human Rights Watch. Neben der Anhörung von Familienangehörigen untersagt der Gesetzesentwurf auch die Vernehmung von Kindern, Doktoren und Verteidigern der Angeklagten. 3)

Eigentlich trat bereits 2009 ein Gesetz zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen in Kraft. Doch anstatt die tatsächliche Umsetzung stärkerer Frauenrechte voranzutreiben, zeugt der Gesetzesentwurf zum Verbot der Befragung von Familienangehörigen von einer entgegen gesetzten Entwicklung. 3) Sahar hatte damals noch die Möglichkeit, vor Gericht für eine Verurteilung ihrer Peiniger zu kämpfen. Doch die Verurteilten wurden vorzeitig aus der Haft entlassen, nun fürchtet die inzwischen 15 Jährige um ihr Leben. 1) Falls Präsident Karsai in den kommenden Wochen unterschreiben sollte, wäre das ein weiterer gravierender Einschnitt in die Frauenrechtsbewegung in Afghanistan.

 

Foto: Präsident Hamid Karsai auf Münchner Sicherheitskonferenz 2011 ; von Harald Dettenborn

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. spiegel.de: Schwiegereltern nach Folter von 15-jaehriger wieder auf freiem Fuß; erschienen am 12.07.2013; aufgerufen am 21.02.2014
  2. TAZ.de: Häusliche Gewalt in Afghanistan: Noch weniger Schutz für Frauen; erschienen am 05.02.2014; aufgerufen am 21.02.2014
  3. TAZ.de: Häusliche Gewalt in Afghanistan: Noch weniger Schutz für Frauen; erschienen am 05.02.2014; aufgerufen am 21.02.2014
  4. The guardian.com: Afghanistan law victims violence women; erschienen am 04.02.2014; aufgerufen am 21.02.2014



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