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Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Immer häufiger entscheiden sich vorwiegend junge Menschen dazu, ein Jahr ins Ausland zu gehen, um vor Ort zu „helfen“. Sie lernen eine neue Kultur kennen, verbessern ihre Sprachkenntnisse oder erlernen eine neue Sprache. Außerdem verändert sich bei vielen nach einem längeren Auslandsaufenthalt der Blick auf die Welt. Wenn ein Freiwilliger beispielsweise in Guatemala Jungen im Alter von gerade einmal 12 oder 13 Jahren von früh morgens bis spät abends auf einer Zuckerrohrplantage arbeiten sieht, wird er eher zu fair gehandeltem Zucker greifen, als jemand, der diese Erfahrung nicht gemacht hat. Somit unterstützt er, auch wenn er nicht mehr vor Ort ist, die Menschen. Fairtrade Zucker bedeutet faire Löhne für die Plantagenarbeiter, die damit ihre Familie ernähren können und die Möglichkeit haben, ihre Kinder in die Schule zu schicken. 1)
Auf der Tourismusmesse (ITB), die derzeit in Berlin stattfindet, setzt sich Brot für die Welt mit dem zunehmend gefragten Reisetrend Voluntourismus (Kombination aus Urlaub und Freiwilligendienst) kritisch auseinander. In der Studie „Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus“ von Brot für die Welt, Ecpat (Kinderrechtsorganisation in Deutschland) und dem Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung in der Schweiz wird die Problematik dieses Reisetrends dargestellt.
Die Kombination von Urlaub und „etwas Gutes tun“ reizt vor allem Menschen, für die eine lange Aufenthaltsdauer und eine intensive Vor- und Nachbereitungszeit eine Hürde für den regulären Freiwilligendienst darstellen. Bei einem solchen Freiwilligendienst, beispielsweise von „Brot für die Welt“, können in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen vor Ort, die Probleme und Bedürfnisse der Menschen bestmöglich verstanden werden. Dadurch kommt die Unterstützung dort an, wo sie auch wirklich benötigt wird. Der Freiwilligendienst findet meist über die Dauer von einem Jahr statt und wird vom staatlichen „Weltwärts“ Programm finanziell gefördert.

Rund 20.000 Menschen buchen in Deutschland jährlich im Gegensatz dazu einen erlebnisorientierten Freiwilligeneinsatz von meist kurzer Dauer in Schwellen- und Entwicklungsländern, der mit einem Urlaub verbunden ist. 2)
„Der Kunde ist König“: So lautet das Motto vieler Reiseveranstalter. Oft werden die Aufnahmekriterien vereinfacht, um möglichst viele Freiwillige vermitteln zu können.
Am beliebtesten ist die Arbeit mit Kindern: Sie verspricht eine abwechslungsreiche Beschäftigung und setzt vermeintlich geringe Qualifikationen voraus. Zwar wird bei 56 Prozent der Anbieter ein Führungszeugnis verlangt, allerdings führen nur sieben Prozent ein Bewerbungsgespräch und bei rund 80 Prozent ist die Vorlage eines Lebenslaufs nicht erforderlich.
Aber gerade die Arbeit mit Kindern muss besonders sorgsam geplant und durchgeführt werden, da die meisten von ihnen unter schwierigen Bedingungen aufwachsen. Sie leben in Armut, müssen häufig arbeiten, um ihre Eltern zu unterstützen und haben dadurch nicht die Möglichkeit eine Schule zu besuchen.
Bei der Arbeit mit Kindern, sollte deren Wohlbefinden an oberster Stelle stehen.
Je länger der Aufenthalt, desto sinnvoller sind in der Regel die Tätigkeiten, die die Freiwilligen ausführen. Durch eine ausreichende Einführung können sie eine Arbeit übernehmen, die die Organisation vor Ort und die Kinder nachhaltig unterstützt. Wenn sie jedoch nur für einen kurzen Zeitraum da sind, besteht beispielsweise bei Lehrtätigkeiten die Gefahr, dass auf Grund oft wechselnder Freiwilliger der gleiche Stoff mehrmals durchgenommen wird und die Kinder nicht weiterkommen.
Für Menschen, die etwas „Gutes“ tun wollen, gibt es Alternativen zum Voluntourimus. Diejenigen, die als Hauptziel die Armutsbekämpfung haben, können eine Reise wählen, die sich für das gewählte Reiseland positiv auswirkt. Es gibt Zertifikate wie das FairTrade Siegel und Tourcert für Reiseveranstalter, die besonderen Wert darauf legen, dass ein hoher Anteil des Reisepreises im Land bleibt.
Wenn man sich in Sozial- oder Umweltprojekten engagieren möchte, gibt es auch die Möglichkeit, dies von seinem Heimatland aus zu tun. Viele Organisationen hierzulande erstellen Praktikumsbescheinigungen oder ermöglichen es, sich flexibel neben Studium oder Beruf zu engagieren.
Wer allerdings ins Ausland gehen möchte, um etwas zu bewirken, kann schon bei der Wahl des Reiseveranstalters erkennen, ob dieser seriös ist und die Hilfe vor Ort an erster Stelle steht. Durch Fragen an den Organisator lässt sich schnell erkennen, worin seine wahren Absichten bestehen. Finden Vorbereitungsseminare (und Nachbereitungsseminare) in Deutschland statt? Wie werde ich vor Ort betreut? Wie viel vom Reisepreis bekommt die Organisation vor Ort? Findet eine besondere Sensibilisierung für die Rechte von Kindern statt? An wen kann ich mich wenden, wenn ich Missstände beobachte? Ein seriöser Veranstalter sollte auf all jene Fragen passende Antworten haben. 3)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Tourism Watch: Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus; aufgerufen am 07.03.2018
  2. epo : „Voluntourismus“: Kurzzeiteinsätze in Kinderheimen stoppen – Stand 3.3.15
  3. Tourism Watch: Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus – Stand 3.3.15



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Ein Gedanke zu „Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus“

  1. Toll, dass ihr euren Bericht über die Studie so einführt, wie es auch Tourism Watch tut. Nämlich mit dem Hinweis, dass Freiwilligenarbeit viel zur entwicklungspolitischen Bildung beitragen kann und ein bleibendes Engagement nach der Rückkehr nach sich ziehen kann.

    Für die Auswahl einer verantwortungsvollen Freiwilligen-Organisation gibt es auch den Ratgeber „Wegweiser Freiwilligenarbeit im Ausland – So wählen Sie die richtige Freiwilligen-Organisation“. http://www.wegweiser-freiwilligenarbeit.com/ratgeber

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