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Ein Gesetz mit Stolpersteinen: Indiens ewiger Kampf gegen Kinderarbeit

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Kinderarbeit soll in Indien künftig nur noch in Ausnahmefällen vorkommen. Das erhofft sich zumindest die indische Regierung, die eine neue Verordnung entworfen hat, die nur noch vom Parlament verabschiedet werden muss. Der Vorschlag ist ein Zusatz zu einem seit 1986 bestehenden Gesetz, das bereits gefährliche Arbeiten für Kinder unter 14 Jahren verbietet. Experten gehen jedoch davon aus, dass dieses Gesetz in vielen Fällen nicht eingehalten wurde. Nach Angaben verschiedener NGOs gibt es in Indien Millionen von Kinderarbeitern, die oft unter schrecklichen Bedingungen schuften müssen. 1)

Der neue Zusatz sieht ein umfassenderes Verbot von Kinderarbeit vor. Kindern und Jugendlichen bis zu 18 Jahren wird verboten, sich in einem gefährlichen Arbeitsbereich zu betätigen. Zusätzlich legt die Gesetzesänderung auch härtere Strafen für Arbeitgeber fest, die gegen die Verordnung verstoßen. Eltern werden in Zukunft für einen ersten Verstoß nicht bestraft werden. Dafür steigt das Bußgeld für die Besitzer der Betriebe von 20.000 auf 50.000 Rupien beim ersten Verstoß. Alle weiteren Verstöße werden laut dem Zusatz mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet. 2) Das geänderte Gesetz soll auch erleichtern, Zuwiderhandlungen zu erkennen. Arbeitgeber, die Kinder oder Jugendliche beschäftigen, können in Zukunft auch ohne richterliche Anordnung durch die Polizei festgenommen werden. Die Verordnung sieht zudem Kapital vor, das ein Rehabilitationsprogramm für Kinderarbeiter finanzieren soll. 3)

Neben den Verschärfungen gibt es im neuen Gesetz allerdings auch ein paar Ausnahmen, die sich als problematisch erweisen könnten. Kinder unter 14 Jahren dürfen weiterhin in Familienbetrieben arbeiten, solange es sich dabei nicht um eine gefährliche Arbeit handelt. Außerdem ist ihnen auch die Arbeit in der audio-visuellen Unterhaltungsbranche erlaubt. Davon ausgenommen ist einen Beschäftigung im Zirkus. Diese Ausnahmeregelungen gelten jedoch nur, wenn die Beschäftigung außerhalb der Schulzeiten oder in den Ferien stattfindet. Die Regierung rechtfertigt diese Einschränkungen als eine Balance zwischen der Notwendigkeit von Bildung für Kinder und der sozio-ökonomischen Realität des Landes. Viele indische Familien sind so arm, dass sie auf ein zusätzliches Einkommen ihrer Kinder angewiesen sind. 4)

Diese Ausnahmen sind insofern problematisch, als dass es schwierig ist, festzulegen, welche Arbeit gefährlich ist und welche als ungefährlich eingestuft werden kann. Ein Gesetzeszusatz von 2012 legte 18 Industriezweige als eindeutig kindergefährdend fest. Diese Festlegung muss nun auf alle Bereiche erweitert werden. Dass ein Kind jetzt legal in einem Familienbetrieb arbeiten darf, kann sich negativ auf die schulische Ausbildung auswirken, denn eine umfassende Überprüfung der Arbeitszeiten wird sich sehr schwierig gestalten. 2) Zudem gibt es keine festgelegte Definition von “Familienbetrieb”. Dieser Begriff ist ein Schlupfloch, das besonders Kinder aus armen Familien benachteiligt. Ein Kind kann in jedem Betrieb arbeiten, solange der Betreiber behauptet, er führe ein Familienunternehmen. Zudem gibt es im Unterhaltungssektor keine Regelungen, die die Anstellung von Kindern betreffen. Die Gefahr, dass Kinder dort ausgebeutet oder misshandelt werden, ist sehr groß. 5)

Die neue Verordnung der indischen Regierung bezüglich Kinderarbeit verfolgt zwar ein nobles Ziel, die Ausnahmeregelungen bieten jedoch zu viel Interpretationsraum, um Kinderarbeit tatsächlich abzuschaffen. Gerade Kinder, deren Familien auf ihr Gehalt angewiesen sind, werden weiterhin arbeiten müssen. Dabei ist es ausgerechnet für diese Kinder so wichtig, die Schule zu besuchen, um den Kreislauf der Armut zu durchbrechen.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Deutsche Welle: Indiens Regierung will Kinderarbeit einschränken – aufgerufen am 15.5.2015
  2. The Huffington Post: The Government’s Child Labour Amendment Is Actually An Improvement, But It’s Insufficient – aufgerufen am 15.5.2015
  3. dna: 7 things you should know about amendments to the Child Labour (Prohibition and Regulation) Act – aufgerufen am 15.5.2015
  4. Indian Express: Law tweaked: Child can work in family, entertainment trade – aufgerufen am 15.5.2015
  5. The New Indian Express: Amendments Will Encourage Child Labour, Say Activists – aufgerufen am 15.5.2015



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2 Gedanken zu „Ein Gesetz mit Stolpersteinen: Indiens ewiger Kampf gegen Kinderarbeit“

  1. Es gab doch 1996 schon ein Gesetz, das Arbeitgeber dazu verpflichtet hat für jeden illegalen Arbeiter der bei ihnen gefunden wird einen bestimmten betrag zu zahlen oder?
    Und die neue Verordnung die genannt ist, ist diese aktuell?

    1. Die Verordnung, von der im Artikel die Rede ist, stammt aus dem Jahr 2015. Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Versuche der indischen Regierung, Kinderarbeit zu verbieten und Verstöße dagegen zu sanktionieren. Leider gab es bisher auch zahlreiche Ausnahmen und Schlupflöcher, um die Gesetze zu umgehen.
      Aktuell (März 2016) hat der indische Arbeitsminister angekündigt, das Gesetz gegen Kinderarbeit weiter zu verschärfen und Kinderarbeit für unter 14jährige komplett zu verbieten. http://www.dw.com/de/indien-will-kinderarbeit-verbieten/av-19117139

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